Diese Menschen: Der Sparfuchs

Normalerweise liebe ich sie ja, diese lauern Frühsommerabende. Aber heute liegt etwas in der Luft, ich kann es schon von weitem erahnen. ER ist wieder unterwegs, und nimmt fünfzehn Kilometer Umweg in Kauf, nur um mein Produkt ein paar Cent billiger zu bekommen. Zunächst zu meiner Person: Ich bin eine Zapfsäule. Ich machte in den Neunzigerjahren mein Abitur in Salem, studierte dann Volkswirtschaft und Ethnologie an der freien Universität Mallorca. Nach meinem Auslandsjahr in Bukarest fand ich eine gut bezahlte Stelle als Zapfstation Nummer Drei an einer Tankstelle in Rheinhessen. Und ja, man kann sagen, mein Beruf macht mir wirklich Freude. Aber es gibt Kunden, die mir diese Freude manchmal etwas trüben. Und dazu gehört eben ER, der Sparfuchs.

Er ist bekannt dafür, große Umwege zu fahren, um zwei Cent pro Liter zu sparen. Irgendwie ergibt es aber keinen Sinn, dass er zuvor seine Familie in ein Schnellrestaurant ausgeführt hat, in dem er über vierzig Euro für diverse Menüs und Dessert liegen ließ, die seine schwer adipöse Sippe in sich hineingestopft hat. Seine beiden Kinder machen auch den Eindruck, als würden sie nicht aus Atomen bestehen, sondern aus den Resten diverser Burger- und Eisprodukte. Manchmal, wenn er gerade ein paar Schlückchen Super Plus aus meinem Bauch saugt, träume ich davon, seinem Erstgeborenen mit einer Stecknadel in den Arm zu stechen. Ich bin nämlich der festen Überzeugung, dass dieser dann platzt.

Und wenn er dann wie immer Dienstags seine Fast-Food-Verpackungen im Tankstellen-Mülleimer entsorgt, muss ich dabei zusehen, wie er sich angestrengt den Schweiß von der Stirn wischt. Wir sind keine Freunde, das steht fest. Aber wir haben uns bisher geduldet, denn es ist ja immerhin mein Job, ihm Kraftstoff gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen. Aber heute ging er einfach zu weit. Da hat er mich tätlich angegangen! "Drecks Zapfsäule, muss das Ding immer klemmen?" Nach dieser bodenlosen Frechheit versetzte er mir einen Fußtritt.

Manch einer mag jetzt sagen, meine Vergeltung sei übertrieben. Aber manchmal muss man eben einfach Leuten ihre Grenzen aufzeigen. Hab ihm heute Diesel statt Super Plus in den Tank geleitet. Wenn er es merkt, geht er vielleicht in sich.

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